Referat von

Dorothea Buck

am 6. August 1999 am PI der Universität Hamburg



Ernst Klee und Dorothea Buck


Der Titel meines Referats „Damals Ausrottung – heute Ausschluß der Betroffenen aus dem Kongreß durch das ‚Medizinische Krankheitsmodell’ ", möchte die verhängnisvollen Folgen dieses „medizinischen Krankheitsmodells" für uns Psychoseerfahrene zum Ausdruck bringen. Die deutsche Psychiatrie rechtfertigte von 1933 bis 1945 die rigorosen Zwangssterilisationen und ab 1939 die Patientenmorde der sogenannten „Euthanasie" mit ihrem psychiatrischen Dogma der nicht seelisch, sondern erblich und körperlich verursachten und darum sinnlosen und „unheilbaren endogenen Psychosen". Dieses Somatosen-Dogma verhinderte jedes ärztliche Gespräch mit uns psychotischen PatientInnen über die Vorgeschichten und Inhalte unserer Psychosen und ihre Sinnzusammenhänge mit unseren Lebensgeschichten. Als ich 1936 mit gerade 19 Jahren dreiviertel Jahre Patientin der evangelisch-kirchlichen Anstalt Bethel war, erlebte ich nicht ein einziges ärztliches Gespräch, auch nicht vor und nach der Zwangssterilisation, mit der ich regelrecht überrumpelt wurde ohne eine Erklärung, was gemacht werden sollte und dann gemacht worden war. Mit 19 Jahren war man damals noch nicht mündig. Meine Mutter wurde bei ihrem ersten Besuch vor die Wahl gestellt: entweder meiner Sterilisation zuzustimmen oder mich bis zum 45. Lebensjahr in der Anstalt zu lassen. – „Das ist ja noch viel schlimmer!" Erschrocken stimmte sie zu. Das erzählte sie mir später. Bethels Hauspfarrer zitierten nur Bibelworte an unseren Betten, ohne ein persönliches Wort mit uns zu sprechen. Daß Bethels Ärzte und Pfarrer uns keines Gespräches für wert oder fähig hielten, und dazu die trostlose bloße Verwahrung ohne eine Beschäftigung unter Bibelworten gruben sich mir unauslöschlich als beklemmendste Erfahrung menschlicher Entwertung ein.

Mit unserem Kummer über unsere Abstempelung als „minderwertige Erbkranke" und über die lebenslangen Folgen der Eheverbote und der rigorosen Ausbildungs- und Berufsbeschränkungen ließen uns Bethels Ärzte und Seelsorger völlig allein. Rund 400.000 Menschen erlitten von 1934 bis 1945 die Zwangssterilisation. Über 1000 – vor allem Frauen – sind an der Operation gestorben. Viele haben ihr Leben selbst beendet. Ohne Ehe, ohne Kinder, mit dem Makel der „Minderwertigkeit" gezeichnet schien es ihnen nicht mehr lebenswert. Für mich wurde die Selbstmordmöglichkeit, die mir vorher nie gekommen war, zur entscheidenden Lebenshilfe. Wenn ich statt 60 Jahren, die wie eine Unendlichkeit wirkten, nur noch ein oder zwei oder auch 5 Jahre vor mir sah, wurde meine Verzweiflung schon etwas geringer. Denn die Ausweglosigkeit durch die Zwangssterilisation lag in der Unabsehbarkeit der vor mir liegenden Zeitspanne. Wie sollte ich meine Lebenszeit erfüllen ohne meinen Wunschberuf der Kindergärtnerin, die ich nicht mehr werden durfte, ohne Mann und ohne Kinder? Mit der Selbstmordmöglichkeit sah ich ein Ende ab. Ohne ein Ziel vor sich kann der Mensch nicht leben. Nun hatte ich wieder ein Ziel vor mir, nachdem mir das Lebensziel genommen war. Ich konnte wieder planen, wenn auch auf die Freiheit zum Selbstmord hin. Meine in der Verzweiflung gebundene Kraft konnte wieder dem Leben zufließen.

1961, als ich als Bildhauerin an öffentlichen Aufträgen arbeitete, hörte ich während des Eichmannprozesses in Jerusalem zum ersten Mal auch eine Zahl der von Psychiatern ermordeten „Euthanasie"-Opfer nennen. Bestürzt wollte ich Näheres über diese völlig verschwiegenen Verbrechen wissen. Außer einem schmalen Kapitel in „Medizin ohne Menschlichkeit" von Alexander Mitscherlich und Fred Mielke gab es im Buchhandel damals nichts. Von meinen eigenen 5 Schüben zwischen 1936 und 1959 fiel nur der dritte Schub 1943 in der Frankfurter Uniklinik in die Jahre der „Euthanasie" von 1939-45. Als die Oberärztin am Bett einer jungen Mitpatientin, die auf die Insulinschocks nicht ansprach, bedauernd bemerkte, daß es „schade um sie" sei, flüsterte mir später eine alte einheimische Mitpatientin zu: „Sie wird zum ‚Eichberg‘ verlegt werden und dort werden Patienten verhungert." Das konnte ich nicht glauben.

Nun fand ich 1961 im Pressearchiv den Leserbriefe eines ehemaligen Patienten von „Eichberg" zu den im „Spiegel" veröffentlichten Fotos der zum Skelett abgemagerten überlebenden KZ-Insassen. F. H. hatte in der psychiatrischen Tötungsanstalt „Hadamar" den vergasten PatientInnen die Goldzähne herausbrechen müssen. Und, weil er das dort gelernt hatte, war er zum „Eichberg" verlegt worden, um den hier verhungerten oder auf andere Weise ermordeten PatientInnen das Gold aus dem Munde zu brechen. Er schrieb: (Zitat) „Den Bildern, die Sie veröffentlichten, stand das, was ich gesehen habe, nicht nach."

Mir ging besonders die Einsamkeit des Sterbens der „Euthanasie"-Opfer nach. Die aus rassischen Gründen ermordeten Juden, Polen, Roma und Sinti erlebten ihre Vernichtung als Volk und im Familienverband. Die „Euthanasie"-Opfer traf das psychiatrische Urteil als „lebensunwertes Leben" jeden für sich allein. Von meinen vielen Gesprächen mit Mitpatientinnen kannte ich ihr Erleben, das dem meinen ähnlich war. Um solcher von den Psychiatern nie erfragter Erfahrungen waren als „schizophren" etikettierter Patientinnen als „lebensunwert" ermordet worden.

Mit der Last des Wissens um diese verdrängten, verschwiegenen ärztlichen Morde an „mindestens 275.000 Menschen" in Anstalten und Heimen (so der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg) fühlte ich mich völlig allein. Was für eine fragwürdige geistige Gesundheit ohne ein intaktes Gewissen wurde uns auch nach 1945 von den „geistig Gesunden" in Politik, Kirche und Gesellschaft vorgelebt. Immer wieder drängte es mich von meiner künstlerischen Arbeit weg an die Schreibmaschine.

Das „Hamburger Abendblatt", die FAZ, DIE ZEIT, Die Welt, der „Spiegel", der „Stern" prangerten die erbärmlichen Zustände in unseren bundesdeutschen Anstalten an. Noch am 20. April 1990 brachte DIE ZEIT auf der ersten Seite den Leitartikel „Die Gesellschaft der harten Herzen – In den Schlangengruben der deutschen Psychiatrie", und im beiliegenden Magazin einen Bericht über die trostlosen Lebensumstände geistig behinderter Menschen in der evangelisch-kirchlichen Anstalt Alsterdorf hier in Hamburg. Wie hätte ich mich da noch auf meine künstlerische Arbeit konzentrieren können? Wo es an der einfachsten Menschlichkeit fehlt, schien mir die Kunst weniger wichtig zu sein.

Zuerst bearbeitete ich die mühsam recherchierten „Euthanasie"-Fakten in einem Theaterspiel mit folgendem Satyrspiel für eine Patientenbühne. Was nach den Selbstmorden der für die „Euthanasie" verantwortlichen Psychiatrie-Professoren im Gerichtssaal nicht verhandelt wurde und deshalb weithin unbekannt blieb, sollte wenigstens auf der Bühne zur Sprache kommen. Kam es aber natürlich nicht. Als aktuellen Anlaß hatte ich an die 30. Wiederkehr des „Euthanasie"-Beginns im Herbst 1969 gedacht. Aber zu diesem Zeitpunkt interessierten die Morde an den PatientInnen niemanden. Viel später schrieb mir Ernst Klee am 29.Mai 1981: „Wir haben mal 1978 miteinander korrespondiert. Sie machten mich auf den Euthanasiebeginn aufmerksam und Ihre eigenen Erfahrungen. Ich möchte mich demnächst mit aller Energie an dieses Thema machen und wollte Sie fragen, ob Sie dazu eigene Erfahrungen beisteuern können?"

Ich hatte ihm von meinem „Euthanasie"-Spiel und der 40. Wiederkehr des „Euthanasie"-Beginns im Herbst 1979 geschrieben und eine gemeinsame Veranstaltung zu diesem aktuellen Anlaß vorgeschlagen, um „unsere Forderungen nach einer hilfreicheren psychiatrischen Praxis, als es die nur medikamentös verdrängende sein kann und nach menschenwürdigen Anstalten gemeinsam zu formulieren."

Heute – zur 60. Wiederkehr des „Euthanasie"-Beginns 1999 – geschieht diese gemeinsame Veranstaltung. Sie wurde von unserem „Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Berlin-Brandenburg" initiiert und konzipiert. Unser „Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener" und unser Hamburger Landesverband schlossen sich ihm an.

Ursprünglich sollte nichts bei diesem XI. Weltkongreß an die Zwangssterilisierten und an die „Euthanasie"-Opfer und an ihre Leiden erinnern. Erst als es Proteste besonders der „Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie" hagelte, konnte man nicht umhin, eine Dokumentation über die Hungermorde in der süddeutschen Anstalt Kaufbeuren auszustellen.

Vor 5 Jahren veranstaltete die „Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie" mit der „World Association of Social Psychiatry", mit unserem „Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener" und mit dem „Bundesverband der Angehörigen psychisch kranker Menschen" den ersten psychiatrischen Weltkongreß in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg vom 5.-10. Juni 1994 auch hier im CCH. Das Thema hieß „Abschied von Babylon – Verständigung über Grenzen in der Psychiatrie". Eine Verständigung zwischen Psychiatern, Betroffenen und Angehörigen ist nur im Gespräch miteinander möglich. Es betrübt uns sehr, daß dieser XI. Weltkongreß diese Verständigung im Gespräch mit uns und den Angehörigen nicht will. Dieser schmerzliche Rückschritt in die frühere Polarisierung: Dort die allwissenden Psychiater – hier die „unwissenden" Betroffenen und ihre Angehörigen fordert zur Rückschau auf den XIV. Weltkongreß vor 5 Jahren auf.

1994 galt der ganze erste Arbeitstag den „Dunklen Seiten der Psychiatrie, ihrer Ausgrenzung, Entwürdigung, Vernichtung der Betroffenen. Dem „Größenwahn und Allmacht des Anspruch" der Psychiatrie mit ihrer Definitionsmacht, daß zum Beispiel die Psychosen primär durch eine Hirnstoffwechselstörung verursacht werden, entsprechend der damaligen psychiatrischen Lehre der „erblich und körperlich verursachten und darum unheilbaren endogenen Psychosen", die wir mit unseren Zwangssterilisationen und die „Euthanasie"-Opfer mit ihrem Leben bezahlen mußten. Die heutigen Psychoseerfahrenen müssen dieses „medizinische Krankheits-Modell" mit der womöglich lebenslangen Einnahme von Psychopharmaka und ihren Nebenwirkungen bezahlen. Die Erfahrung der Betroffenen ihrer seelisch verursachten Psychosen, und daß dieses Erleben einen Sinn für sie hat, wird gar nicht erst erfragt.

Der zweite Arbeitstag des Weltkongresses vor 5 Jahren galt dem „Erleben und Miterleben". Hier meldeten sich vor allem die Betroffenen und die Angehörigen in den Plenums-Diskussionen zu Wort. Ohne ihre Erfahrungen ist dieses entscheidend wichtige Thema der Psychose-Inhalte, ihrer Vorgeschichten und Sinnzusammenhänge mit den Lebensgeschichten undenkbar.

Der dritte Arbeitstag galt vor 5 Jahren dem „Verstehen, Vorbeugen und Behandeln." Wie aber wollen Psychiater des heutigen Weltkongresses Psychosen und Depressionen verstehen lernen ohne die Betroffenen und ihre Psychose- und Depressionserfahrungen? Denn wir alle – auch die Psychiater – kennen nur das wirklich, was wir selbst erlebt haben. Ohne eingehende Gespräche mit den Betroffenen bleibt ihnen nur das „Medizinische Krankheitsmodell" des „gestörten Hirnstoffwechsels" und die routinemäßige medikamentöse Symptomverdrängung. Daß diese medikamentöse Verdrängung von Symptomen keine Heilung bewirken kann, wissen die Psychiater eben so gut wie wir. Was liegt daher näher, als diejenigen unter uns, die ihre Heilung selbst gewannen, zu fragen, was ihnen geholfen hat.

Die Kompetenz derjenigen unter uns, die ihre Psychosen z. B. als Folge gestauter Gefühle und Impulse erkannten und diese gestauten Impulse und Gefühle in ihr Leben einbezogen und ihr „ungelebtes Leben" heute leben, wächst. An dieser Aktivierung der Selbsthilfekräfte müßten eigentlich auch die Psychiater interessiert sein. Aber dann würde der „gestörte Hirnstoffwechsel" als primäre Ursache der Psychosen nicht mehr zutreffen. Welche Belastung ein nur mit Medikamenten zu regulierender Fehler im Gehirn für die Betroffenen sein kann, machen sich diese Psychiater nicht klar.

Unser „Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener" hat ein eigenes Forschungsprojekt unter dem Namen: „Psychose- und Depressionserfahrene erforschen sich selbst". Durch diese Selbsterforschung anhand von Fragen, die ein Diplom-Psychologe mit eigener Psychoseerfahrung unseres Verbandes formulierte, gewinnen wir die Erfahrungen von immer mehr Betroffenen. Auch die Auswertung der Antworten geschieht durch selbst psychoseerfahrene Profis unseres Verbandes.

Denn im Unterschied zur Körpermedizin wissen wir Psychose- und Depressionserfahrene nur selber, was der eigenen seelischen Störung vorausging, wie wir sie erlebten und bewältigten oder auch nicht bewältigten. Indem die Teilnehmer am Forschungsprojekt ihr Erleben reflektieren, zusammenfassen und notieren, bewältigen Sie es, statt daß es sie überwältigt.

Wir sagten uns, daß wir eine Reform der medizinisch orientierten Psychiatrie und ein Ende der zwangsweisen medikamentösen Symptomverdrängung ohne Hilfe zu einem Psychose- und Selbstverständnis nur werden erreichen können, wenn wir die fehlende psychiatrische Forschung der seelischen Ursachen unserer Psychosen und Depressionen selbst in die Hand nehmen. Denn 98 Prozent der Forschungsgelder gehen bisher in die somatische Psychiatrie-Forschung.

Vor 10 Jahren begannen wir mit dem Erfahrungs-Austausch zwischen uns Psychose- und Depressionserfahrenen, Angehörigen und Fachleuten – dem TRIALOG – in unserem ersten Hamburger „Psychose-Seminar". (Seminar heißt auf deutsch „Pflanzstätte" von Semen = Samen). Dieser Erfahrungs-Austausch war unsere Antwort auf die völlig gesprächslose Psychiatrie,die von 1933-1945 zu unseren Zwangssterilisationen und zu den psychiatrischen „Euthanasie"-Morden führte. Menschen, mit denen man nicht spricht, lernt man auch nicht als Menschen kennen, man nimmt sie nicht als Menschen wahr. Darum konnten unsere Psychiater ihre PatientInnen in Transporten von gleich Hunderten den 6 psychiatrischen Vergasungsanstalten zuführen und sie nach dem Vergasungsstop August 1941 auch selbst zu Tode hungern oder durch überhöhte Medikamente vergiften.

Inzwischen gibt es weit über 100 „Psychose-Seminare" in der Bundesrepublik und im benachbarten Ausland. Hier können Betroffene oft zum ersten Mal über ihr Psychoseerleben sprechen, denn in den Psychiatrien war ihnen das ohne Angst vor einer Medikamentenerhöhung nicht möglich. In diesem gleichberechtigten Erfahrungsaustausch in einer Atmosphäre der respektvollen Akzeptanz geht es zuerst um Fragen: Wie wird eine Psychose erlebt? Wie ist sie zu verstehen? Was braucht man in der Psychose? ehe andere gemeinsam formulierte Fragen folgen. Anregung und Anleitung finden Sie in unseren gemeinsam herausgegebenen Büchern: „Stimmenreich – Mitteilungen über den Wahnsinn" 1992, „Im Strom der Ideen" 1994 und in der „Psychosozialen Arbeitshilfe Nr. 10 – Es ist normal, verschieden zu sein" 1997, alle 3 im Psychiatrie-Verlag, Bonn.

Unsere Psychose-Seminare sind unser gemeinsamer Beitrag für eine einsichtigere und hilfreichere Psychiatrie, die auf den Erfahrungen der Betroffenen gründet. Denn die Grundlage für eine empirische Wissenschaft, die die Psychiatrie sein will und sein muß, kann nur das Erleben der Patienten, können nur unsere Erfahrungen mit der Psychose oder Depression sein.

Vor allem aber bedeutet der Erfahrungs-Austausch eine Befreiung von der psychiatrischen Abwertung unserer Psychosen als einem sinnlosen Erleben, die zur Verleugnung der eigenen Lebensgeschichte zwingt, eine Befreiung aus der inneren Isolierung des Schweigenmüssens. Wir wollen auch nicht mehr dazu schweigen, daß in Psychiatrien Strafen angedroht und ausgeführt werden können, wenn Patienten das Unrecht an Mitpatienten öffentlich machen wollen.

Als Beispiel lese ich das Gedicht von Peter Pirron:
„Gedenken an Marco – der Psychiatrie zur Mahnung":
Es war einmal ein Mensch, namens Marco
Er bat seinen psychiatrischen Wärter ein Fenster zu öffnen,
weil ihm übel vom Mittagessen war:
Damit er seine Ruhe hatte,
fixiert ihn der Wärter ans Krankenbett.

So ohne Aufsicht festgeschnallt, erbrach Marco.
Hilflos erstickte er an seinem eigenen Erbrochenen,
im März des Jahres 1984
in einer geschlossenen Abteilung
bis PLK Landeck.

Marco war emigrierter deutschstämmiger Ungar.
Er hatte keine Angehörigen in „diesem unserem Lande."
So stellte ein herbeigerufene Arzt den Totenschein aus und
die Klinikleitung vertuschte die Pflichtverletzung des Wärters.
Er versah weiter seinen Dienst, als wäre nichts geschehen.

Ein Brief mit dem ich Öffentlichkeit über Marcos Tod schaffen wollte,
verließ die Anstalt nicht. Er wurde mir mit der Bemerkung zurückgegeben:
„Überlegen Sie sich gut, ob Sie den Brief abschicken wollen!".
dachte ich und gab mein Vorhaben auf.

Ein paar Tage später wurde meine Zwangsmaßnahme,
um sechs Wochen verlängert.
Der Vorfall ist mittlerweile längst verjährt.
Und wenn er inzwischen nicht berentet wurde,
begegnet Dir der Wärter vielleicht einmal – im PLK Landeck.


Brigitte Siebrasse, Ernst Klee und Dorothea Buck

HOME
Impressum